Die Sudhausausbeute

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Die Sudhausausbeute

Heißwürzeausbeute, Kaltwürzeausbeute, OBY(overall brewhouse yield) und Efficiency


Lange Zeit war die Sudhausausbeute ein feststehender Begriff. Wie Sie berechnet wird und wie die zur Berechnung nötigen Eingangsparameter zu ermitteln sind, schrieb(oder schreibt) die  Münchner Vereinbarung aus dem Jahr 1962 fest. Die zugehörige Formel findet sich in vielen Publikationen und in Lehrmaterial, u.a. hier: Narziß, L., Abriß der Bierbrauerei, 6.Auflage, 2.6.1 Berechnung der Sudhausausbeute, S.178

 

Schon an dieser Stelle ist wichtig zu wissen, dass das was umgangssprachlich als Sudhausausbeute bezeichnet wurde und wird, eigentlich die Heißwürzeausbeute SAheiß [%] meint. Die in der o.g. Vereinbarung festgeschriebene Formel für die Sudhausausbeute sieht recht überschaubar aus:



Ein Bezug zur Heißwürze ist hier zunächst nicht zu erkennen, allerdings liefert die Beschreibung wie die Menge Würze[1] zu ermitteln ist keinen Zweifel daran, dass es sich um die Heißwürzeausbeute handeln muss. Zur damaligen Zeit wurde die produzierte Heißwürzemenge[1], auch aus zollrechtlichen Gründen, in einer geeichten Würzepfanne mit zugehörigem geeichten Messstab nach Kochende(=heiß bei 95-98°C) und vor der Trubausscheidung durch "Abstechen" ermittelt(Der geeichte "hölzerne" Messstab mit einer zur Pfanne passenden Skala für die Würzemenge wurde an einer definierten Stelle in die Würze eingestochen und an der Grenzlinie zwischen nass und trocken der Skalenwert für das Volumen abgelesen).


Die einfache Formel oben ist so, und für die alltägliche Verwendung in der Praxis, nicht geeignet. Besonders die Angaben für die Würzemenge[1] und die Angaben für den Extraktgehalt[2](Stammwürze) bedürfen aus verschiedenerlei Gründen einer Anpassung, oder besser, einer Korrektur:  




Aus der ursprünglichen Formel für die Sudhausausbeute hat sich die amtliche Formel zur Ermittlung der Sudhausausbeute entwickelt:


Bild 01:


Die Sudhausausbeute SAheiß beschreibt demnach und unmittelbar nach Kochende das Verhältnis zwischen einer gewonnener Extraktmenge im Zähler zu

einer eingesetzten Rohstoffmenge im Nenner - ausgedrückt in Prozent:


Bild 02:


Im Lauf der Zeit gestaltete sich die Ermittlung der Heißwürzemenge durch "Abstechen" immer schwieriger. Die Pfannen wurden immer größer und mit zunehmenden Automatisierungsgrad,

meist im Verbund mit modernen Kochsystemen, teilweise geschlossenen Kochsystemen, wurde es immer komplizierter eine Würzemenge abzustechen. Flankierend haben sich die zollrechtlichen

Bestimmungen geändert, so dass auch in einer nicht geeichten Pfanne gekocht werden konnte. Weiter kamen Zweifel an den Faktoren zur Korrektur der Heißwürzemenge auf und

technologische Kunstgriffe, wie z.B. die Rückführung von Prozessbier in die kochende Würze, taten ihr Übriges dazu.


U.a. aus den o.g. Gründen ging man allmählich dazu über die Kaltwürze-Ausbeute SAkalt zu bestimmen.  Schon 1994 formulierte Ludwig Narziß in seinem Standardwerk "Abriß der Bierbrauerei" Zitat:


[...]Nachdem die Ermittlung der Heißwürze-Ausbeute [...] immer schwieriger wird und über die einzelnen Faktoren Bedenken bestehen,

ist es logischer, die Kaltwürzeausbeute(früher Gärkeller-Ausbeute) zu bestimmen.

[...]Sie ist sicherer als die Sudhausausbeute, da der unwägbare Faktor 0,96 zum Wegfall kommt. Die Kaltwürzeausbeute ist um 1-2,5% niedriger als die Sudhausausbeute.[...]

Quelle: Narziß, L., Abriß der Bierbrauerei, 6.Auflage, S.192, 2.8, 2.8.2


Der etwas niederer Wert von 1-2,5% für die Kaltwürzeausbeute SAkalt ist hauptsächlich die dem Abkühlen vorgelagerte Trubausscheidung geschuldet. Auch die verwendeten Hopfenpräparate

spielen eine Rolle. So können für Brausorten bei denen vorzugsweise Hopfenextrakte zum Einsatz kommen Differenzwerte zur Sudhausausbeute SAheiß von 1-1,5%, und für Brausorten

die einen hohen Dolden und Pelletanteil haben,  Differenzwerte zur Sudhausausbeute SAheiß von 1,5-2,5% angenommen werden.


Die Formel:


Bild 03:


Die Kaltwürzeausbeute SAkalt beschreibt demnach das Verhältnis von einer gewonnener Extraktmenge im Zähler zu einer eingesetzten

Rohstoffmenge im Nenner - ausgedrückt in Prozent:


Bild 04:



Beide Formeln haben gemeinsam, dass sie eine gewonnene Extraktmenge mit einer eingesetzten Rohstoffmenge(Malzschüttung) vergleichen (siehe Bild 02 und Bild 04)

und daraus eine Ausbeute ermitteln. Dieser Ansatz hat Nachteile, da die tatsächlich durch die Schüttung eingebrachte Extraktmenge im Verborgenen bleibt.  


Nehmen wir an es wurden für Sud A 100kg Extrakt gewonnen und 130 kg geschüttet:

100 / 130 x 100 = 76,92 % Ausbeute


Eine Woche später wird Sud B einer identischen Brausorte gebraut: 95 kg Extrakt gewonnen, 130 kg geschüttet:

95 / 130 x 100 = 73,07 % Ausbeute


Was ist passiert - die Schüttung und die Brausorte sind doch identisch ? Wo sind die ~ 4% Ausbeute geblieben ? Zu kleiner Nachguss ? Zu hohe Glattwasserkonzentration ? Schrotqualität ? Menschliches Versagen ? Ein bunter Mix aus/von allem ?

Oder lag es vielleicht auch nur daran, dass Malze aus anderen Silos zum Einsatz kamen die einen etwas höheren Wassergehalt hatten als die Malze die in der Vorwoche zum Einsatz kamen ?

Am Ende: man kann nur raten.


Noch undurchsichtiger wird die Thematik, wenn ein Teil des Extrakteintrages nicht aus der Schüttung, sondern z.B. aus Prozessbier(Vorläufe, Nachläufe, ...)  stammt, dass man in die Pfanne gibt  oder

in Kombination noch Trub vom Vorgängersud zum Nachguss des aktuellen Sudes gibt.  Weiter ist in Zeiten von innovativen Bieren oder Bier-ähnlichen Getränken durchaus mal eine Teilschüttung

aus Caramelsirup denkbar oder auch größere Mengen an Spezialmalzen sind möglich, deren Beitrag zur Extraktbilanz nur gering ausfällt, zur Schüttung in kg aber sehr wohl.


In solchen oder ähnlichen Szenarien hat man keine Möglichkeit mehr einen zuverlässigen Wert für die Schüttung [kg] im Zähler zu finden, die man dem Extrakt [kg] im Nenner gegenüberstellen könnte.

Unsere Nachbarn in Übersee, und seit ein paar Jahren auch Brauereien in Deutschland, begegnen diesem Problem in dem Sie zur Beurteilung der Sudhausarbeit den sogenannten OBY(overall brewhouse yield) ermitteln. Ganz allgemein formuliert ist der OBY eine Verhältniszahl, die die gewonnene Extraktmenge einer eingesetzten Extraktmenge, in Prozent ausgedrückt, gegenüber stellt:


Bild 05:


Im Detail:


Bild 06:


Die oben dargestellte Formel für den OBY hat keinerlei wissenschaftlichen Anspruch. Sie ist in dieser Form ausschließlich den hier

veröffentlichten Beispielen und dem Anwendungskontext geschuldet und soll nicht mehr als den Grundgedanken vermitteln.

Verweise auf eine wissenschaftliche Betrachtung finden Sie hier.


Damit unterscheidet sich der OBY als Kennzahl für die Extraktgewinnung von der Sudhausausbeute zunächst einmal nur durch die Tatsache, dass im Zähler und im Nenner mit einer Extraktmenge [kg] und nicht mit einer  Rohstoffmenge Schüttung [kg] im Nenner gerechnet wird. Umgangssprachlich ausgedrückt wird die Extraktmenge die "vorne rein geschmissen wird" mit der Extraktmenge die "hinten raus kommt" verglichen.

Wer tiefer in die Materie einsteigen möchte der sei auf die Formulierung im Kapitel Schüttung und Gußführung verwiesen. Dort finden sich auch links und Hinweise zu aktuellen Publikationen, die einer wissenschaftlichen Betrachtung dieses Themas eher gerecht werden.


An dieser Stelle möchte ich aber ganz gerne bei der einfachen Gegenüberstellung von Extrakt gewonnen und Extrakt eingesetzt bleiben und in der Folge ein paar wenige Beispiele dazu machen. Vorweg sei erwähnt, dass die folgenden Inhalte auch für Kollegen interessant sein könnten, die keinen gesteigerten Wert auf die Beurteilung einer Sudhausausbeute oder auf die Sudhausausbeute insgesamt legen. Der Grund ist der, dass noch nie so viele Braurezepte auf internationaler Ebene ausgetauscht und veröffentlicht wurden wie heute - dem Internet sei Dank.

Der "Drang zum Rezept-nachbrauen" ist groß und sich Anregungen in fremden Rezepten zu holen hat beinahe schon einen sportlichen Charakter angenommen.


Auf internationaler Ebene bedingt das, dass man für den Eigengebrauch Einheiten umrechnen, Begriffe übersetzen/zuordnen und Mengenangaben an die eigenen Betriebsverhältnisse anpassen muss und nicht selten fängt das Problem schon damit an, dass z.B. ein US-Amerikaner im Rezept eine Brewhouse Efficiency oder einen OBY von 96% angibt und wir diese Angabe als Sudhausausbeute interpretieren. Wer rund um dieses Thema etwas quer lesen möchte, dem sei der Artikel "Understanding Efficiency" empfohlen.


Seis' drum, hier nun ein paar wenige Beispiele rund um den OBY:

Es sei gegeben, dass 100 L kalte Würze mit einer Stammwürze von 12,0 °P im Gärkeller ankommen sollen. Damit gilt für Extrakt [kg] gewonnen oder besser für den


Extraktbedarf in kg netto: °P [%mas]  x  rel.Dichte 20/4  x  Menge kalte Würze L = 12,0  x  1,04646   x  100 L = 12,56 kg Extrakt


Dieser Formelteil ist alt bekannt: er entspricht dem Zählerwert der Formel zu Ermittlung der Kaltwürzeausbeute SAkalt(Bild 03, die Dichte 20/4°C ist aus der Platotabelle in Erfahrung zu bringen).

Nehmen wir weiter an, dass wir bisher und im Schnitt eine Kaltwürzeausbeute SAkalt von 75% hatten. Aus diesen beiden Angaben lässt sich nach der Umstellung der Formel für die Kaltwürzeausbeute SAkalt(Bild 03) die Schüttung [kg] auf klassischem Weg berechnen:

Extrakt = 12,56 kg / SAkalt = 75%  x 100 =  16,75 kg Schüttung


Berechnen wir parallel dazu den OBY. Zur Ermittlung von Extrakt[kg] eingesetzt (Bild 05) benötigen wir die Extraktgehalte der Malze die zum Einsatz kommen sollen. Dazu nehmen wir an, dass die gesamte Schüttung nur aus einem Malz mit einem Malzextrakt lufttrocken von Extr.lftr[%] = 78 % besteht. Daraus ergibt sich:

Schüttung kg = 16,75 * ( Extr.lftr[%] = 78 / 100 ) =  13, 07 Extrakt[kg] eingesetzt


Mit den so ermittelten Werten lässt sich der OBY berechnen(Bild 05):

Extrakt [kg] gewonnen = 12,56 / Extrakt[kg] eingesetzt = 13,07 x 100 = 96,1 % OBY


In diesem konstruiertem Beispiel entspricht eine Kaltwürzeausbeute SAkalt von 75 % einem OBY von 96,1 %. Wer jetzt noch den internationalen Kontext im Rahmen von Braurezepten mit Angaben zur Ausbeute vor Augen hat(siehe link oben: "Understanding Efficiency"), findet hier den Grund für die teilweise exorbitant hohen Angaben zur Ausbeute. Die beiden Ausbeuteangaben(SA/OBY) sind nicht miteinander vergleichbar und es besteht auch kein linearer Zusammenhang zwischen Sudhausausbeute und OBY.

Was sagt diese Zahl 96,1 % OBY nun aus ? Sie sagt aus, dass von 100 % Extrakteinsatz nur 96,1 % im Gärkeller gelandet sind oder in kg ausgedrückt: 100 kg Extrakteinsatz im Sudhaus ergeben am Ende der Würzegewinnung 96,1 kg messbaren Extrakt im Gärkeller.


Nun kann man den OBY nicht nur berechnen, sondern man kann ihn auch rechnen lassen. Gegenüber der klassischen Schüttungsberechnung, die meist im Gewand einer nach der Schüttung[kg] umgestellten Formel für die Sudhausausbeute SAkalt/heiß[%] daher kommt, spielt der OBY immer dann seine Stärken aus, wenn Teilschüttung nicht nur als Malz, sondern auf das wesentliche reduziert, als Extraktlieferanten daher kommen.

Interessanter Weise tangiert das den "Craft-/Klein-/Hobby-Brauer" der ggf. mit Spezialmalzen und vielleicht mit Caramelsirup "hantiert" eben so, wie den "Groß-Brauer" der u.U. Prozessbiere, Trubanteile, Hefepressbiere, respektive Extrakt im Rahmen der Würzegewinnung wieder einschleust, in gleichem Maße. Im Rahmen einer Rezeptur stellt sich am Ende immer die Frage, wie viel von einer Teilkomponente geschüttet werden muss, um eine gewünschte Konzentration in einer festgelegten Würzemenge zu erreichen.  


Wie solche eine Schüttungsberechnung entlang eines OBY und eines Extrakt-/Rohstoffbedarfs je Teilschüttung aussehen könnte, habe ich fern ab von jeglicher technologischer Relevanz in einer Exceltabelle zur Ansicht und zum selbst konfigurieren "Vor-konstruiert":


Bild 07:


Erklärung/Hinweise

Bild 08:


Die Exceltabelle ist als download verfügbar. Sie ist zu erreichen unter:

http://www.brewrecipedeveloper.de/misc/samples/OBY_BspZurBerechnungEinerSchuettung.zip


Spielen Sie doch ein wenig mit Ihren eigenen Werten ...


Die Vorgänge rund um die Würzegewinnung bzw. rund um die Ausbeuten und Schüttungen rein aus Sicht des

Extraktes zu betrachten hat sehr viele Vorteile und in einem anspruchsvollen Umfeld(viele Teilschüttungen

mit ganz unterschiedlichen Extraktlieferanten) ist diese Betrachtung, nach kurzer Einarbeitung, auch sehr viel

transparenter und zuverlässiger.


Ich möchte an dieser Stelle nochmals auf die Verweise aufmerksam machen die das Thema OBY aus einer

wissenschaftlichen Sicht beleuchten: hier


Weiter Infos finden Sie unter:

Schüttung und Gußführung

Teilschüttungen

OBY in der Anwendung


Siehe auch:

Extrakte und Vergärungsgrade

Die Stammwürze im Detail



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